generisches Neutrum

Konzept für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen

Das Konzept im Detail

Grundlegendes

Das sprachliche Konzept folgt diesen Grundprinzipien:

  • keinerlei sprachliche Benachteiligung bestimmter Personengruppen (z.B. Frauen)
  • möglichst minimaler Eingriff in die bestehende Sprache (u.a. keine neuen Silben, Wörter oder Schriftzeichen)
  • möglichst einheitlicher Umgang mit Personenbezeichnungen mit möglichst wenigen Ausnahmen
  • auf Prägnanz und Verständlichkeit wird geachtet

Die beiden Hauptveränderungen sind:

  • Wegfall des Suffixes »-in« für weibliche Personenbezeichnungen (»Freund« statt »Freundin«)
  • Einsatz des generischen Neutrums für die Grundform der Personenbezeichnungen (»das Freund« statt »der Freund« als neutrale Grundform).

Darum geht es. Diese beiden Maßnahmen führen zu einer sprachlichen Gleichbehandlung aller Personen. Wer dieses sprachliche Konzept anwenden möchte, setzt einfach diese beiden Veränderungen um. Mehr braucht es nicht.
Alle anderen Regelungen sind entweder bloß Anpassungen, die aufgrund dieser beiden Maßnahmen notwendig sind oder beschreiben Sonderfälle bzw. Ausnahmen.

Umgang mit Personenbezeichnungen

mit der weiblichen Endung »-in«

Beispiele: Bauer, Meister, Freund (Bäuerin, Meisterin, Freundin)

Das Suffix »-in« für weibliche Personenbezeichnungen fällt weg.
(Es wird generell aus der Sprache gestrichen. Die Begründung dafür findet sich hier.)

Die Grundform ist nicht männlich, auch nicht weiblich, sondern neutral:
das Freund; im Plural: die Freunde

Es gibt aber auch eine weibliche und eine männliche Form:
die Freund, der Freund; im Plural lauten beide gleich: die Freunde

Deklination der neutralen Form:

das Freund die Freunde
des Freundes der Freunde
dem Freund den Freunden
das Freund die Freunde

Deklination der weiblichen Form:

die Freund die Freunde
der Freund der Freunde
der Freund den Freunden
die Freund die Freunde

Deklination der männlichen Form:

der Freund die Freunde
des Freundes der Freunde
dem Freund den Freunden
den Freund die Freunde

Wie aus den Tabellen ersichtlich ist, gibt es in der Pluralform keinerlei Unterschiede.

Alle anderen Formen ergeben sich aus diesen Grundregeln.

Beispielsätze

Es ist schön, gute Freunde zu haben. (Grammatisch unklar, ob damit Männer, Frauen oder beide benannt sind, in der Anwendung werden daher wohl alle gemeint sein, völlig gleichberechtigt.)

Ein Freund von mir hat heute Geburtstag. (Grammatisch unklar, ob damit ein Mann, eine Frau oder auch eine Person, die sich keiner dieser beiden Kategorien zugehörig fühlt, gemeint ist.)

Ein männliches Freund lädt mich zum Essen ein.
(Definiert das Freund als männlich.)
Weil in diesem Fall bekannt ist, dass es um eine männliche Person geht, ist es besser, gleich die männliche Form anzuwenden:
Ein männlicher Freund lädt mich zum Essen ein.

Ein weibliches Freund lädt mich zum Essen ein. (Definiert das Freund als weiblich.)
Weil in diesem Fall bekannt ist, dass es um eine weibliche Person geht, ist es besser, gleich die weibliche Form anzuwenden:
Eine weibliche Freund lädt mich zum Essen ein.
oder:
Eine Freund lädt mich zum Essen ein. (Eine Möglichkeit, das Freund als weiblich zu definieren, die nur der weiblichen Form offen steht.)

Deklination von Personenbezeichnungen mit der Endung »-e«

Deklination der neutralen Form:

das Kollege die Kollegen
des Kollegen der Kollegen
dem Kollegen den Kollegen
das Kollege die Kollegen

Deklination der weiblichen Form:

die Kollege die Kollegen
der Kollege der Kollegen
der Kollege den Kollegen
die Kollege die Kollegen

Deklination der männlichen Form:

der Kollege die Kollegen
des Kollegen der Kollegen
dem Kollegen den Kollegen
den Kollegen die Kollegen

 

geschlechtsabstrakte Personenbezeichnungen

z.B. die Person, der Mensch, das Mitglied,
die Geisel, die Waise, die …-kraft (Führungskraft, Lehrkraft, Hilfskraft, Putzkraft), die …-person (Vertrauensperson,  …), die …-hilfe (Haushaltshilfe, Aushilfe),
der Star, der Fan, der Elternteil, der Laie,
das Kind, das Opfer, das Individuum, das Talent, das Model, das Fotomodell, das Genie
usw.

All diese Bezeichnungen werden unverändert eingesetzt. Also: »Ich kenne diese Person.« – Auch wenn es sich dabei um einen Mann handelt. »Die Führungskraft sollte monatlich eine Team-Sitzung einberufen.« – Auch wenn nicht klar ist, welchem Geschlecht die Führungskraft angehört.
Diese Regelung folgt dem Prinzip möglichst minimaler Eingriffe. Bei diesen Begriffen kommt es zu keiner Diskriminierung und daher gibt es auch keinen Veränderungsbedarf.
[Nach dem Prinzip des möglichst einheitlichen Umgangs sollte und könnte für sie allerdings auch wie bei allen anderen Personenbezeichnungen das generische Neutrum genutzt werden. Also: »Ich kenne dieses Person.« »Das Führungskraft sollte monatlich eine Team-Sitzung einberufen.« »Die Genie rechnet schneller als ein Taschenrechner.« Wir vermuten, dass sich diese Formen durchsetzen werden, sollte sich das generische Neutrum einmal etablieren. Wer will, kann sie selbstverständlich auch gleich so einsetzen.]

Ausnahmen

der …-ling (Flüchtling, Lehrling, Häftling, Zwilling, Neuling, Schwächling, Feigling, Liebling usw.)
der Gast, der …-gast (Fahrgast, Fluggast usw.)
Für diese wird das generische Neutrum genutzt. Sie sind zwar prinzipiell ebenso geschlechtsabstrakt, werden aber von vielen nicht so empfunden. Ein Beispiel: »Der Flüchtling zieht seinen Mantel aus.« – Wer hat da schon das Bild einer Frau im Kopf?
In länger zurück liegender Vergangenheit gab es im Deutschen auch das Wort »Gästin« – und es kommt wieder in Mode, wodurch »Gast« nicht mehr als geschlechtsabstrakt gelten kann.

Weitere Personenbezeichnungen, die fast ausschließlich männlich aufgefasst werden, sind jene, die auf »-el«, »-bold« und »-an« enden, z.B. Spitzel, Trunkenbold, Grobian. Für sie gilt ebenfalls das generische Neutrum, z.B.: der/die/das Raufbold. Und das gilt auch für ein Wort, das sehr unterschiedlich aufgefasst wird: der/die/das Engel.

geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen

Das sind substantivierte Adjektive (die Jugendlichen, die Verantwortlichen, die Jungen, die Erwachsenen, die Gesunden, die Süchtigen, die Kranken, die Arbeitslosen, die Fremden, die Angehörigen usw.) oder substantivierte Partizipien I (die Reisenden, die Kulturschaffenden, die Pubertierenden, die Vorsitzenden, die Leidtragenden – dazu zählen auch viele neuerdings in Mode gekommene Bezeichnungen wie Studierende, Mitarbeitende, Alleinerziehende) oder substantivierte Partizipien II (die Angestellten, die Vorgesetzten, die Abgeordneten, die Behinderten, die Gelehrten, die Bekannten, die Verwandten, die Angeklagten usw.).

Sie sind daran erkennbar, dass es keine eigene männliche oder weibliche Form gibt, dass aber im Singular sehr wohl zwischen z.B. »der Vorgesetzte« und »die Vorgesetzte« unterschieden wird – im Gegensatz zu den geschlechtsabstrakten Personenbezeichnungen (siehe oben).

Für all diese Personenbezeichnungen wird das generische Neutrum genutzt, z.B. »das Vorgesetzte«, »das Vorsitzende«, »das Arbeitslose«, wenn das Geschlecht der Person nicht bekannt ist (oder keine Rolle spielen soll).

Mit bestimmtem Artikel unterscheiden sich im Nominativ die Geschlechter in den Bezeichnungen nur durch den Artikel: »das Vorsitzende«, »die Vorsitzende«, »der Vorsitzende«.
Mit unbestimmtem Artikel unterscheiden sich die Bezeichnungen auch in den Endungen: »ein Vorsitzendes«, »eine Vorsitzende«, »ein Vorsitzender«. Das widerspricht zwar der Idee, dass sich weibliche, männliche und neutrale Personenbezeichnungen eben nicht unterscheiden sollen (sprachlich gleich behandeln bedeutet gleich benennen), verträgt sich aber wesentlich besser mit dem herkömmlichen Sprachgebrauch als die mögliche Alternative (»ein Vorsitzende«, »eine Vorsitzende«, »ein Vorsitzende«) und stellt jedenfalls keine sprachliche Schlechterbehandlung irgendeiner Personengruppen dar. Außerdem sind mit unbestimmten Artikeln versehene geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis substantivierter Adjektive oder Partizipien im Sprachgebrauch sehr selten.

Grundform weder männlich noch weiblich

Manche Personenbezeichnungen folgen dem Schema:
»Grundform-e« für männliche und
»Grundform-in« für weibliche Personen.

Beispiele: Zeuge und Zeugin, Kunde und Kundin, Experte und Expertin, Politologe und Politologin usw. (auch Franzose und Französin)

Da es im generischen Neutrum das Suffix »-in« für die weibliche Form nicht gibt, muss die derzeit männliche Form als neutrale Grundform dienen, also: der/die/das Zeuge, der/die/das Kunde usw.

Alternativ bietet sich bei einigen dieser Begriffe an, die Grundform ohne »-e« zu nutzen, z.B.: der/die/das Neurolog, der/die/das Expert. Das funktioniert vor allem sehr gut für alle Personenbezeichnungen, die auf »-log« enden, bei vielen anderen Begriffen aber nicht, weil diese ohne »-e« bereits eine Bedeutung haben, z.B. »Zeug«.

Im Sinne des Prinzips der einheitlichen Anwendung könnte man alle auf gleiche Art ins generische Neutrum setzen, also mit »-e«, man könnte aber auch überall dort, wo es möglich ist, auf das »-e« verzichten – und dadurch das generische Neutrum und die Gleichbehandlung aller Menschen hervorheben. (Siehe auch Tipps zur flexiblen Anwendung.)

weibliche Form als Grundform

Es gibt einige wenige Bezeichnungen, in denen die Grundform weiblich ist und die männliche Form moviert:
Witwe und Witwer, Hexe und Hexer, Braut und Bräutigam.

Hier liegt zwar keine Diskriminierung von Frauen vor (abgesehen vielleicht von der sprachhistorischen Begründung, warum gerade diese Begriffe das Weibliche als Grundform haben), im Sinne des Prinzips des einheitlichen Umgangs wird aber auch für sie das generische Neutrum eingesetzt – selbstverständlich in der Grundform: der/die/das Witwe, der/die/das Hexe.

Das Gleiche gilt auch für »Amme« bzw. »Hebamme«, auch wenn es dafür keine oder nur wenig gebräuchliche männliche Formen gibt. Also: der/die/das Hebamme

Eine Ausnahme bildet Braut/Bräutigam. Diese Worte sind so unterschiedlich, dass sie der Kategorie völlig unterschiedlicher Wörter zugerechnet werden. Somit werden sie beide beibehalten, auch in ihrer Anwendung.

völlig unterschiedliche Wörter

Personenbezeichnungen, für die es unterschiedliche Bezeichnungen für Männer und Frauen gibt, werden beibehalten, auch in ihrer Anwendung:

Frau und Mann (Kaufmann und Kauffrau, Feuerwehrmann und Feuerwehrfrau usw.), Tante und Onkel, Mutter und Vater, Schwester und Bruder, Tochter und Sohn, Nichte und Neffe, Nonne und Mönch usw.

Das folgt dem Prinzip des möglichst geringen Eingriffs in die bestehende Sprache, bringt aber Probleme für Personen, die sich keinem der beiden Geschlechter weiblich/männlich zuordnen können oder wollen. Denn wie sollen diese bezeichnet werden? Es müssten wohl neue Begriffe geschaffen werden, was aber in diesem Konzept nicht vorgesehen ist, das ganz ohne neue Silben oder Wörter auskommt.
Zum Teil gibt es diese Begriffe bereits, vor allem in der Mehrzahl: Geschwister, Eltern, Kinder, Kaufleute usw.

In der Einzahl (und oft auch in der Pluralform) muss im Sinne des ersten und wichtigsten Prinzips (keinerlei sprachliche Benachteiligung) auf die Doppelnennung ausgewichen werden. Das ist bei den Bezeichnungen für Verwandte ohnedies schon so: »Alle meine Onkel und Tanten sind eingeladen.« Hier würde schon heute niemand sagen, »Alle meine Onkel sind eingeladen« – und die Tanten »mitmeinen«.

 

andere Wortarten

Pronomen

Die geschlechtsunspezifischen Pronomen werden – auch in ihrer Anwendung – beibehalten: wer, jemand, niemand, man, alle, einige, manche, diejenigen usw.
Diese verstehen sich als neutral, z.B.: »Wer seine Fähigkeiten richtig einschätzen kann, …« Das Pronom »seine« in diesem Satz ist nicht männlich, sondern neutral.

Für die geschlechtsspezifischen Pronomen (keiner, einer, jeder usw.) hingegen wird das generische Neutrum genutzt, z.B.: »Jedes ist seines Glückes Schmied.«

Adjektive

Eigenschaftswörter werden gebeugt, wie es für das Neutrum vorgesehen ist: 
»Das fleißige Landwirt steht frühmorgens auf.« 
»Das Haus des freundlichen Bürgermeisters steht allen offen.«
»Ich gebe dem großzügigen Freund sein Geld zurück.« 
»Siehst du das schnelle Läufer?« 

bzw. im Plural: 
»Die fleißigen Landwirte stehen frühmorgens auf.« 
»Die Häuser der freundlichen Bürgermeister stehen allen offen.«
»Ich gebe den großzügigen Freunden ihr Geld zurück.« 
»Siehst du die schnellen Läufer?«