generisches Neutrum

Konzept für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen

Sonstiges

Sind mit diesem Konzept alle sprachlichen Schlechterstellungen von Frauen entfernt?
Nein. Aber fast alle.
Wer darüber hinaus die Worte achtsam wählt, z.B. »Team« statt »Mannschaft« sagt oder schreibt, kann auf Basis dieses Konzeptes eine völlige sprachliche Gleichbehandlung erreichen.

Menschen, die sich keinem der beiden Geschlechter männlich/weiblich zugehörig fühlen, werden im generischen Neutrum genauso explizit genannt wie Männer oder Frauen. Für sie ist die generische Grundform gleichzeitig auch die spezifische Form, sie erfahren also die sprachliche Bevorteilung, die Männer bisher im generischen Maskulinum hatten. »Das Freund« steht dann also für alle befreundeten Menschen – und aber auch spezifisch für Freunde, die sich weder als männlich noch als weiblich bezeichnen. Der Vorbehalt, dass sich diese Menschen nicht gerne mit »das Freund« bezeichnen lassen wollen, weil das sächlich und nicht menschlich klingt, ist aus der Sicht des herkömmlichen Sprachgebrauchs verständlich. Innerhalb des Konzepts des generischen Neutrums löst sich dieser Vorbehalt allerdings auf: Erstens werden alle Menschen so bezeichnet, es ist also die Grundform. Und zweitens steht diese Grundform nicht für »sächlich«, sondern für »neutral«.

Auf lange Sicht sind die verschiedenen Formen (»der/die/das Autor«) vielleicht nicht mehr nötig – und es reicht »das Autor«, wie im Englischen. Dann sagt eine Frau wie selbstverständlich: »Ich bin ein Schriftsteller.« Das wäre im Sinne der sprachlichen Gleichbehandlung ein großer Fortschritt. Auf dem Weg zu dieser Gleichbehandlung müssen sich Frauen irgendwann der Grundform bemächtigen, sonst bleiben sie mit einem verniedlichenden Anhängsel versehen, auch wenn dieses überall dabei stehen mag. (Siehe auch hier.)

Es gibt den Vorschlag, für den bestimmten Artikel im Nominativ statt »das« nur »da« zu sagen. Im Akkusativ bleibt es nach diesem Vorschlag beim »das«. Dieser Vorschlag hat drei Vorteile: Erstens wird dadurch deutlich, dass es sich um ein neues sprachliches System handelt (»Da Autor besteht auf seinem Honorar.«), zweitens wird dadurch das etwas harte – weil ungewohnte – »das« abgerundet und drittens unterscheiden sich dadurch der erste und der vierte Fall, was sprachliche Möglichkeiten eröffnet, die im herkömmlichen System nur den männlichen Wörtern vorbehalten sind (eine weitere der vielen kleinen Bevorzugungen des Männlichen in der deutschen Sprache). Analog dazu hieße der unbestimmte Artikel im Nominativ »a«, während es im Akkusativ beim »ein« bleibt.
Dieser Vorschlag ist allerdings nicht Teil des sprachlichen Konzepts, wie es auf dieser Website vorgestellt wird, weil das Prinzip des möglichst geringen Eingriffs in die bestehende Sprache gilt, und deswegen keine neuen Silben oder Wörter darin enthalten sind.
Aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt?

Apropos Zukunft: Wir sind überzegt davon, dass im deutschen Sprachraum die weibliche und männliche Form von Personenbezeichnungen einmal die gleichen sein werden, zumindest die allermeisten. Was gleichbehandelt wird, muss auch gleich benannt werden. Es wird also irgendwann nur mehr ein Wort für z.B. »Freund« und »Freundin« oder »Arzt« und »Ärztin« geben. Und das wird mit einiger Wahrscheinlichkeit die Grundform sein, denn in der Sprachentwicklung werden die wichtigen Begriffe stets kürzer, nicht länger.
Nun könnten wir auf dem Weg zur Gleichbenennung einen Umweg machen und zunächst stets sowohl die weibliche als auch die männliche Form schreiben und sprechen. Aber warum sollten wir das tun? Aktuell ist der gesellschaftliche Wind ein guter, viele spüren die Notwendigkeit für Veränderung. Das könnte bald wieder anders sein, so etwas kommt in Wellen. Sprachentwicklung passiert nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. Katastrophen wie Kriege oder potenziell auch Klimakrisen könnten das Thema von jeder Prioritätenliste verdrängen. Jetzt ist also ein guter Zeitpunkt, einen entscheidenden Schritt in Richtung sprachlicher Gleichbehandlung aller Menschen zu tun – ohne Umwege!

Weiterführende Links

»Geschlechtergerechte Sprache ist eine Utopie« von Mirija Weber: ein Beitrag, in dem sie das Thema sprachliche Gleichbehandlung wunderbar detailliert bespricht.

Gastbeitrag im Tagesspiegel: von Nele Pollatschek: »Wer will, dass Männer und Frauen gleich behandelt werden, der muss sie gleich behandeln und das heißt, sie gleich zu benennen.«

Ein Interview aus 2019 mit Luise Pusch, auf die das Konzept des generischen Neutrums zurückgeht: »Das Gendersternchen ist nicht die richtige Lösung«  (Luise Pusch hat mit den über das generische Neutrum und das Streichen des Suffixes »-in« hinausgehenden Vorschlägen auf dieser Website nichts zu tun. Ob sie Ähnliches ausgearbeitet hat, ist uns nicht bekannt. Jedenfalls sind alle Beiträge von Luise Pusch zu diesem Thema sehr empfehlenswert, es finden sich dazu sehr viele in ihren Büchern und auch im Internet.)

Vorschlag für ein gerechtes Deutsch von Matthias Behlert. Auf dieser Website nennen wir diesen Vorschlag »System nach Matthias Behlert«. Es wurde 1998 veröffentlicht und u.a. von Luise Pusch unterstützt.

Das Del-On-Sel-System ist ein weiteres Konzept für ein geschlechtsneutrales Deutsch.

»Abbau der onymischen Movierung im 18. Jahrhundert«, ein wissenschaftlicher Artikel von Alexander Werth, Februar 2020.

Das österreichische Weiterbildungsmagazin TRAiNiNG setzt das Konzept des generischen Neutrums seit Jahresbeginn 2021 in allen veröffentlichten Texten um. (Die älteren Beiträge auf der Website werden allerdings nicht umgestellt.)